Einsatzeignung, Stehilfen/ (Sattel-) Hocker
04.11.2020

Richtlinien für den Steharbeitsplatz

Gut die Hälfte aller Angestellten in Deutschland arbeitet einen Großteil des Tages im Stehen: Vom Produktionsarbeitsplatz in der Industrie über den Friseursalon bis hin zum Ladentisch im Einzelhandel gibt es viele Bereiche, in denen die Mitarbeiter stehen, während sie arbeiten. Der menschliche Körper ist für eine solch einseitige Belastung aber nicht vorgesehen. Daher sind bestimmte Vorschriften und Richtlinien für den Steharbeitsplatz unerlässlich, um die Sicherheit der Arbeitnehmenden zu gewährleisten und gesundheitliche Einschränkungen wie Rückenschmerzen zu vermeiden.    
 

Einstufungen der Risikobereiche am Steharbeitsplatz

Experten empfehlen eine Einteilung von 60 Prozent sitzender, 30 Prozent stehender und 10 Prozent gehender Arbeit. Da die Abwechslung bei Steharbeitsplätzen nicht gewährleistet ist, wird die Gefährdung der Mitarbeitenden an Steharbeitsplätzen anhand von Risikobereichen eingestuft.

 

Risikobereich 1

Im Risikobereich 1 liegt die reine Steharbeit pro Tag unter 2,5 Stunden. In diesem Fall reicht ein Ausgleich, um die negativen Auswirkungen des Stehens aufzuheben. Das bedeutet, dass sich die Mitarbeitenden in der verbleibenden Zeit sitzend oder gehend arbeiten sollten.

 

Risikobereich 2

Risikobereich 2 umfasst eine Steharbeitszeit von 2,5 bis 4 Stunden pro Tag. In diesem Bereich sollte die Arbeitnehmenden erste Maßnahmen ergreifen, insbesondere wenn sie für die Arbeit im Stehen körperlich nicht gut gerüstet sind. Zum Beispiel sind Menschen mit schwachem Bindegewebe oder Skoliose anfälliger für Probleme im Steharbeitsumfeld. Das schwache Bindegewebe unterstützt die beanspruchten Venen in den Beinen nicht ausreichend, während Skoliose zu Überbelastungen der Wirbelsäule und Bandscheibenproblemen führen kann.

 

Risikobereich 3 

Der Risikobereich 3 betrifft eine Steharbeitszeit von 4 bis 5,5 Stunden am Tag. Werden hier keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen, ist die Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Schäden hoch. Für schwangere Frauen gilt: nach dem fünften Monat der Schwangerschaft dürfen sie nicht mehr an solchen Steharbeitsplätzen beschäftigt werden, da dies ein erhöhtes Risiko für sie darstellt.

 

Risikobereich 4

Im Risikobereich 4, der bei über 5,5 Stunden Steharbeit am Tag liegt, ist das Risiko von körperlichen Beeinträchtigungen der Mitarbeitenden äußerst hoch. In solchen Fällen sind geeignete Maßnahmen dringend erforderlich, um die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen.

 

Geeignete Maßnahmen zur Prävention

Arbeitgeber sollten sich bewusst sein, dass Steharbeitsplätze potenzielle Gesundheitsrisiken darstellen können. Daher ist es wichtig, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu minimieren. Dazu gehören:

  1. Ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes: Steharbeitsplätze sollten so gestaltet sein, dass sie den Körper optimal unterstützen. Verstellbare Tische, ergonomische Fußstützen und rutschfeste, gedämmte sowie elastische Bodenbeläge können den Komfort und die Sicherheit der Mitarbeitenden verbessern.
  2. Regelmäßige Pausen und Haltungswechsel: Arbeitgeber sollten ihren Mitarbeitenden regelmäßige Pausen ermöglichen, um das Stehen zu unterbrechen und andere Haltungen einzunehmen. Kurze Geh- oder Dehnungspausen können helfen, die Belastung auf den Körper zu reduzieren.
  3. Schulungen und Sensibilisierung: Mitarbeitende sollten über die Risiken von Steharbeit und die Bedeutung von Maßnahmen zur Prävention informiert werden. Schulungen zur richtigen Körperhaltung und Ergonomie können helfen, das Bewusstsein für gesunde Arbeitspraktiken zu schärfen.
  4. Unterstützung bei individuellen Bedürfnissen: Arbeitgeber sollten auf individuelle Bedürfnisse und gesundheitliche Einschränkungen ihrer Mitarbeitenden eingehen. Dies kann die Bereitstellung von speziellen Hilfsmitteln oder die Anpassung des Arbeitsumfelds beinhalten, um eine optimale Arbeitsumgebung zu schaffen.
  5. Stehhilfen bereitstellen: Die Beschäftigten profitieren von ergonomischen Stehhilfen auf zweifache Weise. Zum einen bieten sie konkrete Möglichkeiten, Beine und Füße zu entlasten. Zum anderen regen sie einen Haltungswechsel konkret an. Stehhilfen sind eine einfache und kostengünstige Art, ergonomisch viel zu bewirken.


Weitere mögliche Maßnahmen

Indem Arbeitgeber die Risikobereiche an Steharbeitsplätzen erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, können so die Gesundheit und Produktivität der Mitarbeitenden gefördert und langfristige Schäden vermieden werden.

Weitere Möglichkeiten zur Erleichterung der Arbeit an Steharbeitsplätzen sind:

  1. Einsatz von Kompressionsstrümpfen: Die Anschaffung von individuell angepassten Kompressionsstrümpfen kann dazu beitragen, Problemen mit den Beinvenen vorzubeugen. Diese Strümpfe verhindern, dass die Venenklappen in den Beinen versagen.
  2. Verwendung von Stehhilfen: Stehhilfen entlasten die Beine der Mitarbeitenden um etwa 60 Prozent und ermöglichen eine leicht veränderte Arbeitshaltung. Der Kreislauf wird angeregt, die Füße können bewegt und der Nacken kann anders gehalten werden. Stehhilfen sind für mehrere Mitarbeitenden nutzbar und individuell anpassbar.
  3. Höhenverstellbare Tische und Maschinen: Ideal ist es, wenn die Tische und Maschinen am Steharbeitsplatz in der Höhe verstellbar sind. Dadurch können die Mitarbeitenden sie an ihre individuelle Körpergröße anpassen. Diese Option kann jedoch kostenintensiv sein, insbesondere wenn sie nachträglich eingebaut werden muss.
  4. Bereitstellung von Schemeln oder Hockern im Pausenraum: Schemel oder Hocker im Pausenraum können den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Füße hochzulegen und den Kreislauf anzukurbeln. Die Entlastung führt zu weniger Fußschmerzen.
  5. Zugang zu einem Crosstrainer: Ein Crosstrainer, zu dem die Mitarbeitenden Zugang haben, ermöglicht eine andere Beanspruchung der Muskeln, die über einen längeren Zeitraum hinweg repetitive Bewegungen ausgeführt haben.
  6. Veränderung der Arbeitsabläufe: Der Arbeitgeber sollte die Arbeitsabläufe überprüfen. Möglicherweise können den Mitarbeitenden nach Abschluss einer Arbeitsaufgabe zusätzliche Aufgaben übertragen werden, um Abwechslung zu schaffen, wie z.B. das Abliefern von Produkten oder Dokumenten oder das Heranschaffen von Materialien aus dem Lager.
  7. Förderung von Sport und Massage: Der Arbeitgeber kann einen Vertrag mit einem Sportverein oder Fitnessstudio abschließen, um den Mitarbeitenden vergünstigte Mitgliedschaften anzubieten. Alternativ kann er regelmäßige Massagen organisieren, um Entspannung und Erholung zu fördern.

Zu den Stehhilfen

 

Fazit: Hohes Risiko durch geeignete Maßnahmen verringern

Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden sollten stets höchste Priorität haben. Um das Risiko bei der Steharbeit zu minimieren, gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, die der Arbeitgeber für seine Mitarbeitenden ergreifen kann. Dabei ist es hilfreich, wenn sie sich nicht allein an die Richtlinien für Steharbeitsplätze halten, sondern darüber hinaus gehen. Zwar bedeutet das in vielen Fällen eine Investition, doch die lohnt sich auf jeden Fall: Schmerzfreie Mitarbeitende fallen weniger leicht aus und arbeiten besser. Darüber hinaus wissen sie, dass sie wertgeschätzt werden, und belohnen die zusätzlichen Maßnahmen häufig mit Treue zum Unternehmen.

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