Der Steharbeitsplatz – Risiken und Möglichkeiten
Steharbeitsplätze sind in Europa ein weit verbreitetes Phänomen. Damit sind Arbeitsplätze gemeint, an denen Mitarbeitende den größten Teil ihres Tages im Stehen arbeiten. Der Steharbeitsplatz kommt in der industriellen Fertigung vor, aber auch im Handel, im Dienstleistungssektor oder im Handwerk.
Dabei kann Steharbeit genauso gesundheitsschädlich sein wie ausschließliches Sitzen. Der Körper wird einseitig belastet und reagiert mit Schmerzen. Dies kann zu chronischen Problemen und im schlimmsten Fall sogar zu Arbeitsunfähigkeit führen können. Zuvor können jedoch auch zunehmend längere Ausfälle oder Fehler aufgrund von Unkonzentriertheit auftreten. Die Gefahren an Steharbeitsplätzen beeinträchtigen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Daher müssen Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeitenden vor den gesundheitlichen Folgen zu schützen – im Interesse aller Beteiligten.
Probleme und Risiken bei andauernder Steharbeit
Rücken und Nacken
Dauerhaftes Stehen ohne ausreichende Pausen belastet den Körper erheblich. Obwohl der Mensch in der Lage ist, längere Zeit zu stehen, ist sein gesamter Bewegungsapparat darauf ausgelegt, zwischen Gehen, Stehen, Sitzen, Laufen und Liegen abwechseln zu können. Wenn andere Bewegungsmuster zu kurz kommen, werden einige Muskeln überstrapaziert, während andere verkümmern. Verspannungen treten an den überbeanspruchten Stellen auf. Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen gehören zu den häufigsten Auswirkungen der Steharbeit. Fast alle Menschen, die den ganzen Tag lang stehen, haben früher oder später mit diesen Problemen zu kämpfen.
Kreislauf
Auch der Kreislauf leidet unter der Arbeit im Stehen. Um das Blut aus den Füßen kontinuierlich zurück zum Herzen zu pumpen, sind starke Venen erforderlich. Es kann sein, dass sich das Blut in den unteren Extremitäten staut und im Laufe der Zeit die Gefäßwände erweitert. Dadurch arbeiten die Venenklappen nicht mehr ausreichend, da sie nicht mehr vollständig schließen und zu viel Blut zwischen ihnen zurück nach unten fließt. Durchblutungsstörungen und Krampfadern sind daher weitere Folgen der Steharbeit.
Gelenke
Das längere Stehen beeinträchtigt die Gelenke, insbesondere die Knie, und belastet die Bandscheiben. Letzteres geschieht vor allem, weil die Wirbelsäule in einer unbequemen Position relativ starr bleibt und kaum bewegt wird. Wenn Mitarbeitende zudem auf einem harten Boden stehen, können sich die Fußgewölbe absenken, was zu Plattfüßen führt. Hinzu kommen die psychischen Belastungen, die mit täglichen Schmerzen bei der Arbeit einhergehen. Der bloße Gedanke an die Arbeit wird zur Qual und die Lebensfreude nimmt deutlich ab – von Motivation kann in diesem Stadium kaum noch die Rede sein.
Alle Auswirkungen der Steharbeit zusammen können die Arbeitsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen. Arbeitgeber sollten daher ihr Bestes tun, um ihren Mitarbeitenden möglichst viel Ausgleich zu ermöglichen. Auf diese Weise können nicht nur Arbeitsausfälle vermieden werden, sondern es wird aktiv die Gesundheit des Teams geschützt. Ein Plus für das Image jeden Arbeitgebers.
Steharbeitsplätze ergonomisch planen
Die Planung für einen ergonomischen Steharbeitsplatz beginnt mit der Bestandsaufnahme: Wie viele Steharbeitsplätze gibt es? Ist es unbedingt nötig, dass die Arbeit im Stehen ausgeführt wird, oder lassen sich einzelne Arbeitsschritte beispielsweise auch im Sitzen erledigen? Oft spielen bei derartigen Erwägungen auch Platzprobleme eine Rolle: An manchen Arbeitsplätzen ist einfach nicht genügend Raum, um neben dem Steh- auch noch einen Sitzplatz einzurichten. Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Steharbeitsplatz eine gewisse Höhe erfordert. Hier könnten eventuell hohe Stühle mit Sitz-Stopp-Rollen zum Einsatz kommen.
Unter Umständen kann es eine Lösung sein, einige Mitarbeitende jeweils zwischen ihren Arbeitsplätzen rotieren zu lassen, sodass sie regelmäßig etwas andere Haltungen einnehmen können. Gibt es allerdings keine Möglichkeit für Abwechselung, sollten die Arbeitgeber darauf achten, dass sie ihren Angestellten genügend lange Pausen einräumen, in denen sie sich setzen oder spazieren gehen können.
Die Planung für die Umgestaltung des Steharbeitsplatzes sollte einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen: Beginnen Sie bei den Bodenbelägen und machen Sie sich Gedanken über das passende Schuhwerk für Ihre Mitarbeitenden – damit tun Sie deren Füßen schon etwas Gutes. Weiter geht es mit der Arbeitsfläche: Hier sollte am Steharbeitsplatz die Höhe individuell einstellbar sein. Selbst Zentimeter können hier einen großen Unterschied für Gesundheit und Wohlbefinden machen. Auch Stehhilfen können dafür sorgen, dass der Körper zwischendurch immer wieder entlastet wird.
Stehhilfen als erfolgreiches Hilfsmittel
Stehhilfen sind ein tolles Hilfsmittel, weil sie effektiv und dabei platzsparend sind. Ihr besonderer Vorteil ist, dass sie die Ergonomie des Steharbeitsplatzes erhöhen. An sie können sich die Mitarbeitenden anlehnen und dadurch etwa 60 Prozent ihres Körpergewichts von Beinen und Füßen nehmen. Sie gewinnen Bewegungsfreiheit an den Beinen, können die Knie etwas anwinkeln und die Füße entspannen. Auch der Rest des Körpers nimmt eine leicht andere Haltung ein. Kopf, Arme und Hände können sich so entspannen. Da sich die Stehhilfen in der Höhe verstellen lassen, befinden sie die Angestellten stets auf der richtigen Arbeitshöhe.
Eine gute Stehhilfe sollte unterschiedliche Eigenschaften in sich vereinen. Einerseits sollte sie wenig Raum einnehmen und sich unkompliziert bewegen lassen. So können Mitarbeitende sie flexibel heranziehen oder wegschieben, je nachdem, ob sie sie benutzen möchten oder nicht. Gleichzeitig braucht die Stehhilfe einen festen Stand durch einen robusten Fuß – schließlich lehnen sich die Angestellten dagegen. Damit das Anlehnen angenehm bleibt, sollte die Fläche dafür um etwa 15 Grad gekippt sein. Ihre Kante sollte leicht abgerundet sein, sodass sie sich auch bei längerer Nutzung nicht unangenehm in die Unterseite des Oberschenkels drückt und den Blutfluss behindert.
Grundsätzlich sollte die Stehhilfe in der Höhe verstellbar sein – anders hat sie kaum Einfluss auf die Ergonomie an einem Steharbeitsplatz, an dem unterschiedliche Menschen arbeiten. Vor allem im Schichtbetrieb ist es unabdingbar, dass jede Person die Stehhilfe an ihre Bedürfnisse ideal anpassen kann.
Neben Stehhilfen werden an manchen Arbeitsplätzen auch hohe Hocker eingesetzt. Beim Sitzen wird hierbei die gleiche Höhe wie beim Stehen erreicht. Diese hohen Hocker können auch mit einer Rückenlehne ausgestattet sein. Idealerweise haben sie außerdem einen Fußring, der das Aufsteigen erleichtert. Eine Fußstütze bietet Mitarbeitenden die Möglichkeit, die Füße abzusetzen, statt sie in der Luft baumeln zu lassen.
Stehhilfen in sensiblen Umgebungen
An verschiedenen Arbeitsplätzen müssen Stehhilfen die Umgebungsanforderungen aushalten. In Industrie und Werkstätten etwa sind sie eventuell mechanischen Einflüssen oder Funkenflug ausgesetzt. Daher ist es gut, wenn sie robust und leicht abwaschbar sind und durch die Berührung mit Öl nicht beschädigt werden.
Im Labor hingegen kann es nützlich sein, wenn das Material der Flächen Säuren und Laugen widersteht. Spezielle Modelle für den Reinraum wiederum sollten möglichst aus einem Guss sein und Staub und Schmutz keine Möglichkeit zum Festhängen bieten. Außerdem sollten sie sich auch mit den im Reinraum benötigten Spezialreinigern säubern lassen. Manche Stehhilfen müssen auch ESD-fähig sein und Spannungen so ableiten.
Weitere Hilfsmittel
Arbeitgeber können den Steharbeitsplatz mit geringem Aufwand durch Arbeitsplatzmatten komfortabler gestalten. Diese bestehen in der Regel aus PVC-Schaum mit einer Gummibeschichtung und bieten eine gewisse Federung, um das Körpergewicht abzufedern. Dadurch stehen die Füße nicht flach auf dem harten Boden, sondern haben dank der flexibleren Oberfläche etwas mehr Bewegungsspielraum. Dies reduziert die statische Belastung für die Mitarbeitenden und beugt Muskelverspannungen, Gelenkschmerzen und Durchblutungsstörungen vor.
Die individuelle Höheneinstellung des Steharbeitsplatzes ist etwas aufwändiger: Manche Maschinen oder Arbeitstische können von Anfang an angepasst werden. Wenn dies bei Ihrer Ausrüstung nicht möglich ist, können Sie beim Hersteller nachfragen, ob eine Nachrüstung möglich ist. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten Sie die Anschaffung neuer Arbeitsflächen oder Maschinen in Betracht ziehen. Dies mag eine größere Investition sein, hat jedoch positive Auswirkungen auf die Gesundheit Ihrer Teams und stärkt Ihren Ruf als verantwortungsvoller Arbeitgeber.
Fazit: Die Risiken am Steharbeitsplatz können minimiert werden
Es sind gute Nachrichten für all jene, die in ihrem Job einen Großteil der Zeit über stehen müssen: Mit verschiedenen Mitteln lassen sich die gesundheitsgefährdenden Aspekte des langen Stehens weitestgehend einschränken. Zwar sollten Angestellte sich auch selbsttätig bewegen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben: Treppen steigen, spazieren gehen, mit dem Rad zur Arbeit fahren, nach Feierabend joggen oder anderen Sport treiben. Denn das verringert das Risiko der Folgeerkrankungen durch die Steharbeit.
Bei der Arbeit aber steht der Arbeitgeber in der Pflicht, das Risiko für seine Angestellten zu minimieren. Das ist möglich durch die sorgfältige Planung und gegebenenfalls Neueinrichtung der Steharbeitsplätze: Mit einem weicheren Boden, dem passenden Schuhwerk, in der Höhe verstellbaren Arbeitsflächen oder Maschinen und vor allem den praktischen Stehhilfen wirken Sie der Gefährdung Ihrer Mitarbeitenden durch die einseitige Belastung entgegen.
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